Berlin, den 22.03.2011
Euch geht es wohl zu gut!
Künstler (Bildende Künstler, Tänzer, Musiker, Schauspieler, Autoren etc.) genießen in Deutschland zurzeit einen zweifelhaften Ruf. Bestenfalls sind sie naive Idealisten, die das leben schon noch erziehen werde, im schlimmsten Fall Sozialschmarotzer mit narzisstischem Größenwahn die es zu zähmen, einzudämmen gilt. Auf jeden Fall sind sie (bis auf wenige Ausnahmen) keine produktiven Mitglieder der Gesellschaft.
Ihnen wird unterstellt, dass sie es sich einfach machen, nur ihrer Lust und Laune nachgehen, was anderen konstruktiven Mitgliedern ja auch nur nach Erledigung „echter“ Arbeit zustehe. Dieser gesellschaftliche und soziale Status wirkt sich drastisch auf die Lebens und Arbeitssituation der Künstler aus und führt zunehmend zur Minderung der künstlerischen Qualität ihrer Arbeiten und zu ihrer psychischen Zermürbung…
“ “ “ Wir “ “ “ Künstler fordern folgende Änderungen:
- Einen anerkannten, genau beschriebenen gesellschaftlichen und sozialen Status für Künstler. Eine Definition des Berufsstandes „Künstler“.
- Eigene Regelungen der Hartz 4 Gesetze für Künstler bezüglich (wirtschaftlicher) Selbstständigkeit, Bezugsdauer & Höhe und Berechnung der Wohnung / des Ateliers.
- Einen einfachen Zugang zu einer substantiellen und nachhaltigen Künstlersozialversicherung.
- Die Einrichtung wirklich bezahlbaren Lebens- und Arbeitsraumes für Künstler. Erschwingliche Ateliers & Proberäume, günstige, geförderte Wohnungen, finanzielle Unterstützung für Fortbildung und Material.
- Einen nachhaltigen Bestands- und Milieuschutz für Künstler-Viertel und Biotope.
- Eine substantielle Förderung regional ansässiger Künstler in Wort, Tat, und barer Münze.
- Klare politische Partizipation und die Möglichkeit zu Bildung einer lokalen, regionalen und überregionalen Lobby.
- Eine mediale Quote für originär inländische Kunst, egal von wem (Nationalität / Herkunft) sie produziert wird. Als inländisch gilt der in diesem Land lebt und arbeitet.
- Wesentlich höhere mediale Quoten für „Nicht-nur-Unterhaltung“ / E-Kunst.
- Verständliche und gezielte Förderprogramme. Reine Kunstförderprogramme ohne Doppelbindung an soziale, wirtschaftliche oder anders geartete Notwendigkeiten.
- Zugang zu einem offenen und transparenten Netzwerk von Sponsoren und Unterstützern.
- Für lernende und lehrende offene Kunsthochschulen mit transparenten Aufnahmekriterien.
- Eine Abgabe der auf dem Sekundär- und Tertiärmarkt tätigen Kulturschaffenden (Kritiker, Kunstwissenschaftler, Galeristen, Veranstalter) an die Künstler.
- Die Einrichtung einer unabhängigen Gewerkschaft Kunst & Kultur.
- Abschaffung der Kirchensteuer und Umwandlung in eine Kultursteuer die ausschließlich den o.g. Zielen dienen soll.
- Eine allgemeine Gewinn- und Spekulationssteuer i.H.v.0.5% die ausschließlich für o.g. Zielen eingesetzt werden soll.
- Transparente Offenlegung aller Gewinne, die mit den Arbeiten der Künstler gemacht werden.
- Die geregelte und Substantielle Beteiligung an den Gewinnen die mit jenen Kunstproduktionen erwirtschaftet werden und einen Mindestlohn für Kunstschaffende und Kreative.
- Die gesetzlich geregelte Teilhabe der Künstler an der Wertsteigerung ihrer Arbeiten i.h.v. mindestens 15% für einen festgelegten Zeitraum.
- Einen Fernsehsender im deutschen Kabelnetz, der sich ausschließlich mit Kunst und Kultur befasst.
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Wer nun „die Künstler“ dennoch als aufgeblasene und egozentrische Taugenichtse abtun möchte, dem schlage ich folgendes Experiment vor: verzichten Sie doch einfach einmal auf Kunst. Gehen Sie eine Woche lang weder in Theater, Kino, Konzert, meiden Sie Arte oder andere Kultursender, lassen Sie das TV und Radio gleich ganz aus, schlagen sie keine Zeitung (außer der Bildzeitung vielleicht) und kein Buch auf und beschränken Sie sich ausschließlich auf Börsennachrichten. Ich bin gespannt ob sie das durchhalten…
Enkidu rankX
erstmals Publiziert in Prolog – Heft für Zeichnung und Text 7